Montag, 27. Oktober 2008 Schulterschluss zum Überleben
 Audi A3 Cabriolet
Stell dir vor, es werden wunderschöne Autos gebaut, aber niemand will die Prunkstücke haben, weil deren Anschaffung und Unterhalt zu teuer sind. Heute müssen Automobilhersteller neben Kundenerwartungen auch Umweltauflagen erfüllen. Den technischen Fortschritt sollen Neuwagen ebenfalls repräsentieren. Und das alles zu einem Preis, der dem rauer werdenden Wettbewerbsklima standhält. Da liegt nahe, nach Wegen zu suchen, wie sich solch Aufgabenpaket leichter stemmen lässt. Mehr als bisher ins Blickfeld zu rücken scheint der Zusammenschluss von Unternehmen oder ein partielles Zusammenarbeiten. An Porsche und Volkswagen muss man da aber nicht unbedingt gleich denken. Da ist mehr im Spiel. Von Porsche ging die Initiative aus. Dass ihr nicht zuletzt modellpolitische Erwägungen zugrunde liegen, ist aber nicht unwahrscheinlich. Ein Unternehmen, das ausschliesslich leistungsstarke Sportwagen baut, steht mit solch kapitaler Flotte an der kräftig angeheizten CO2-Front auf verloren Boden.
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Unter besonderem CO2-Druck sehen sich auch andere, die auf Hubraum, Leistung, Luxus setzen. BMW darf sich glücklich schätzen, den MINI zu haben, der für gewissen Lastenausgleich sorgt; unterstützt von der weiss-blauen Sparbewegung Efficient Dynamics. Daimler kann den smart ins Feld führen. Der genügsame Zweisitzer reicht freilich nicht aus, den Durst der grossen Mercedes-Klassen zu kompensieren. Auch Mercedes hat ergänzende Massnahmen eingeleitet. Eines scheint die Autobranche inzwischen verinnerlicht zu haben: Über Partnerschaften lassen sich Synergien aller Art gewinnen, die schneller weiterbringen und sich auszahlen. Beispiel Allianz Renault-Nissan. Von Nissans SUV-Kompetenz profitiert jüngst Renaults Allradler Koleos. Allein auf sich gestellt, hätten die Franzosen nicht so rasch in die SUV-Erfolgsspur gefunden. Kooperationskinder gibt es reichlich in der Autobranche, auch wenn sie sich nicht so gern zu erkennen geben. Warum eigentlich? Keine Marke muss alles perfekt können. Nur kennen sollte sie jemanden, der's gut kann! Und dann mit ihm gemeinsame Sache machen. Sinnvoller Schulterschluss bringt voran und schleift die Kosten. Vorbehalte, auch Ängste müssen überwunden werden, wenn die Weitergabe eigenen Know-hows zur Debatte steht. Auf Dauer kommt keiner drum herum, partnerschaftliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Müßig wäre, zu orakeln, wer eine eingegangene Partnerschaft wohl am nötigsten hat. Um gleich die Probe aufs Exempel beim angeblich jüngsten tete-à-tete zu machen: Wo, bitte, ist die Not wohl am grössten? Bei General Motors oder bei Chrysler? Opels Betriebsratschef Klaus Franz hat für die ins Gespräch gekommene Möglichkeit einer Fusion General Motors/Chrysler nur die spitze Bemerkung übrig, "zwei Fusskranke" ergäben "noch keinen Marathonläufer". Im Übrigen, sagt Franz, besitze "Chrysler nichts, was GM nicht schon hat". Das muss man wohl zweimal lesen. Natürlich geht auch Furcht um, dass Ego und Image von Automarken Kratzer abkriegen könnten, wenn sich zwei zu nahe kommen. Doch selbst bei BMW und Mercedes ist die Versuchung konkretem Handeln gewichen, in abgesteckten Bereichen aufeinander zuzugehen, um etwa beim Einkauf von Großabnehmerrabatten zu profitieren und sich in dem einen oder anderen Fall Entwicklungskosten teilen zu können. Dennoch: Selbstbewusste Marken wie BMW und Mercedes werden alles tun, um sich nicht dem geringsten Vorwurf von Gleichmacherei auszusetzen. Anscheinend hat die BMW Group weniger Sorge als Mercedes, dass die Verwendung kostengünstiger markenfremder Aggregate den eigenen Ruf schädigen könnte. Schliesslich beziehen die Bayern seit Jahren von Peugeot Motoren für die MINI-Modellpalette. Und fahren dabei offensichtlich gut. Gewöhnlich interessiert Autokunden ja auch weniger, was unterm Blech steckt. Wer ein Auge auf den Cinquecento oder Panda von Fiat wirft, den liesse doch völlig kalt, wenn er erführe, dass sich die beiden Kleinen die Plattform mit Fords Ka teilen. Und der Ka-Käufer empfindet nicht anders. Unter verbauten Gleichteilen, die nicht zu sehen sind, leiden Sympathien für Autos selten. Der Erfolg von Skoda wäre ohne Gleichteilstrategie des VW-Konzerns gar nicht denkbar. Den kostspieligen Ehrgeiz, alles selbst machen zu wollen, etwa um der Tradition verpflichtet zu bleiben, werden Automobilhersteller abbauen müssen. Dass der Groschen gefallen ist, zeigt die immer grosszügigere Vergabe von Entwicklungs- und Fertigungsaufträgen an Zulieferer, die mittlerweile zunehmend einbaufertige hochwertige Module bereitstellen. Auffällig ist auch das: Weil sich inzwischen Premiumanspruch bis in die Niederungen der kleinen Pkws wagt und dorthin auch entsprechende Preise folgen, lässt sich voraussagen, dass das Volumengeschäft im Einsteiger-Segment vermutlich andere machen. Weil sich Autokäufer zu Zeiten knapper Kassen immer weniger bereit zeigen, Geld für Ausstattungen auszugeben, die sie eigentlich nicht brauchen. (ar)
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