Die VW-Studien "up!" und "space up!" verfolgen gleich mehrere Orientierungen, an denen sich zeitgemässe Pkws ausrichten sollen. Genügsam beim Kraftstoffverbrauch sollen sie sein, wendig, bescheiden im Platzanspruch und dennoch grosszügig beim Platzangebot. Und da sind dann ja auch noch die Anschaffungskosten, die zu einem kleinen Auto passen müssen. All das wird von Volkswagens neuer Kleinwagen-Generation erwartet. Eine Überraschung gibt es dann aber doch: Beide Studien haben Heckmotor. Was Volkswagen vorhat, wirkt wie ein entschlossener Salto rückwärts in die Vergangenheit, in der es neben dem Käfer und dem VW-Bulli (T1 bis T3) auch manch anderer Hecktriebler zu einer achtbaren Karriere gebracht hat. Abgesehen vom Dauerbrenner Porsche, verband die Heckmotor-Idee im Laufe der Jahre eine höchst unterschiedliche Modellfamilie. Spontan fällt einem da beispielsweise der NSU Prinz ein. Auch der Fiat 126 oder der Fiat 500 zählt zu den Heckmotor-Klassikern. Ebenso erinnert man sich an den Tatra 603, und auch Skoda war mit dem MB 1000 dabei. Eher den Kleinen als den Grossen schien ein Heckmotor zu stehen. Ohne ihn war die urige BMW Isetta überhaupt nicht denkbar. Genau das gilt prinzipiell auch für grosse Reisebusse, bei denen sich ein Frontmotor allein wegen der überlangen Kardanwelle verbieten würde. Zudem unterstützen Heckmotoren das Bemühen, Ruhe in die Fahrgastkabine zu bringen. Dass ein im Heck platzierter Motor seine Vorzüge im Rennsport ausspielen kann, demonstrierte in den Sechzigerjahren Renaults erfolgreiche Dauphine. In Erinnerung sind deren erste Plätze bei der Rallye Monte Carlo, der Mille Miglia und bei der 12-Stunden-Hatz von Sebring. Doch es kam die Zeit, in der es schien, als habe der Heckmotor im Alltagsauto seine Karriere hinter sich. Aktuell vermittelt allein der smart fortwo, wie ein solches Antriebskonzept verhältnismässig "viel Auto" auf engstem Raum realisieren lässt. Korrekt ist es eigentlich nicht, den smart als Zweisitzer immer wieder in eine Reihe mit Viersitzern zu stellen, sobald Sparmobile gekürt werden. Mit dem Vorhaben "up!" und "space up!" nimmt VW von vornherein Kurs auf einen Kleinwagen mit Heckmotor, der vier Personen Platz bietet. Angesichts der Vielzahl kleiner Autos, die heutzutage den Markt regelrecht überschwemmen, fragt man sich, warum der Heckmotor in diesem Segment bislang keine Chance bekam, obwohl er es doch offensichtlich vor allem ist, der ein subkompaktes Auto erst zu einer Art Raumwunder werden lässt. Eine der gedanklichen Brücken, die zur Antwort führen, heisst ESP. Wir erinnern uns: Erst seitdem der Smart fortwo die elektronische Assistenz erhielt, kommt er auch dann nicht mehr ins Trudeln. Denn ESP lässt kritische Situationen besser bewältigen und macht das Fahren sicherer. Natürlich kommt man nicht daran vorbei, dass Vortrieb über Heckmotor und Hinterräder andere fahrphysikalische Besonderheiten hat. Offenbar wird im lange aus dem Blickfeld geratenen Heckmotor nun die Chance gesehen, all das, was ein zeitgemässes wendiges kleines (Stadt-)Auto auszeichnen soll, besser noch als mit Frontantrieb realisieren zu können. Wie die Sympathiewelle für die beiden VW-Stars in Frankfurt und Tokio zeigte, können attraktiv verpackte innovative Heckmotor-Konzepte offenbar gerade automobiler Kleinheit zu einem deutlichen Zuwachs an Akzeptanz verhelfen.
Von Wolfram Riedel
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